Vorwurf einer schweren Körperverletzung fallengelassen

Vorwurf einer schweren Körperverletzung fallengelassen

 

Herr Rechtsanwalt Olaf Möller verteidigte einen mehrfach vorbestraften Mandanten, welcher vor dem Amtsgericht Mainz – Schöffengericht – von der Staatsanwaltschaft Mainz angeklagt wurde. In der Anklageschrift vom 14.06.2019 wurde dem Mandanten vorgeworfen, im Rahmen einer verbalen Streitigkeit eine schwere Körperverletzung gemäß § 226 StGB begangen zu haben, indem er dem später Geschädigten mit dem sich in seiner rechten Hand befindenden Weinglas ausholte und gezielt mit einer „backpfeifenartigen“ Bewegung ins Gesicht schlug, wodurch der später Geschädigte eine über die komplette Wange verlaufende tiefe Schnittwunde erlitt, deren Narbe bis heute deutlich sichtbar ist.

In der über 2 Verhandlungstage gehenden Hauptverhandlung im Jahr 2020 räumte auf Anraten von Herrn Möller der Mandant ein, ohne rechtfertigenden Grund den Geschädigten mit dem Weinglas geschlagen und verletzt zu haben. Der Mandant entschuldigte sich bei dem Opfer und bot von sich aus in monatlichen Ratenzahlungen ein Schmerzensgeld an. Dennoch musste in der Hauptverhandlung eine ausführliche Beweisaufnahme durchgeführt werden durch Vernehmung zahlreicher Augenzeugen, um das genauere Geschehen aufzuklären. Am Ende der Beweisaufnahme ging die Staatsanwaltschaft Mainz immer noch davon aus, dass die Voraussetzungen einer schweren Körperverletzung gemäß § 226 StGB vorlagen. Dies hätte bedeutet, dass der Mandant von Herrn Möller mindestens eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr zu erwarten gehabt hätte. Aufgrund seiner deutlichen Vorstrafensituation hätte dann sogar eine Freiheitstrafe von über 2 Jahren, und damit eine zu verbüßende Gefängnisstrafe im Raum gestanden.

Herr Rechtsanwalt Möller vertrat in seinem Plädoyer die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer schweren Körperverletzung nicht vorliegen. Hierzu wäre es gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB erforderlich gewesen, dass durch die Narbe im Gesicht eine dauerhafte erhebliche Entstellung des Opfers zu bejahen wäre. Der Gesetzgeber ist allerdings der Auffassung, dass die Erheblichkeit einer dauerhaften Entstellung nur dann bejaht werden kann, wenn diese derart gravierend ist, dass sie mit den anderen Aufzählungen in § 226 StGB (Verlust des Seh- oder Hörvermögens, Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit etc.) gleichzustellen ist. Herr Olaf Möller führte unter Anführung von Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus, dass bei einer Narbe im Gesicht dies nicht zwangsläufig der Fall sei und es daher im vorliegenden Fall an einer Erheblichkeit der Entstellung fehle. Herr Möller plädierte daher auf eine Freiheitsstrafe im unteren Bereich wegen gefährlicher Körperverletzung und forderte eine Bewährungsstrafe für den Mandanten.

Nach längerer Beratung verkündete das Amtsgericht Mainz dahingehend das Urteil, dass der Angeklagte tatsächlich entsprechend dem Plädoyer von Herrn Möller wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitstrafe von 18 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt wurde sowie zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes an den Nebenkläger.
Da alle Beteiligten auf ein Rechtsmittel verzichtet haben, ist das Urteil rechtskräftig.

 

Urteil des Amtsgerichts Mainz vom 23.12.2020